Die Handschriften von Janus Pannonius und Zagreb

Ágnes Ritoók-Szalay

Dank der freundlichen Grossmütigkeit des Wiener Univ.-Prof. Dr. Josef Hamm wurde 1968 jener in der Biblioteca Columbina y Capitular zu Sevilla aufbewahrte Kodex, der Werke des Janus Pannonius enthält, bekannt. Im Jahr 1974 entdeckte Csaba Csapody ebendort einen weiteren, früher unbekannten Janus Kodex. Im zuerst erwähnten Kodex konnte das Wappen als jenes des Agramer Bischofs Oswald Thuz (1466–1499) identifiziert werden. Dadurch wurde der Kodex zu einem bestimmenden Zeuge des handschriftlichen Nachlasses. Der vor dem Wut des Königs Matthias sich 1472 flüchtende Dichter und Bischof von Fünfkirchen fand, wie bekannt, in der Burg des Agramer Bischofs eine freundliche Zuflucht. Er brachte seinen ganzen schrifstellerischen Nachlass mit sih. Hier wurden di auf separate Blätter geschriebene Gedichte und Prosawerke in Hefte abgeschrieben. Dass das in Zagreb geschach, bezeugen die nachträglichen Einträge, gelegentlich auch Titelvarianten. Diese können den Dignitariern des Kapitels zugeschrieben werden. Von da aus kann man dem Weg zum Plan der ersten gedruckten Ausgabe, zum Versuch von Stefan Brodarith in Venedig nachkommen.

Die Erkenntnis des Geschickes des in Zagreb aufbewahrten Nachlasses ermöglicht die zeitliche Fixierung und Lokalisierung der schon früher bekannten und angenomener Quelle der Textüberlieferung. Die erste Redaktion der Epigramme ist mit Peter Váradi verbunden. Der König beauftragte nämlich ihn mit dem Ausammeln der Gedichte irgendwann nach dem Tode von Janus (1472). Diese Beauftragung geschach offenbar im Winter 1480/1481, als der König und sein Kanzler Váradi in Zagreb weilten. Es ist etwas paradox, dass diese Gelegenheit, als von der Umgebung des rebellischen Bischofs und von ihmt selbst Rechenschaft gefordert war, gerade diese Gelegenheit Erhaltung bot für den Nachlass des verdemmten Dichters.

Dass der die Flucht ergreifende Familie und seine Verbindungen verständlich. Ein Glück des Forschers der Zusammenhänge ist aber, dass er sich auf vorzügliche Grundwerke stützen kann. Ich erwähne nur die hervorragendsten: Bezüglich des Komitats Körös (Križevci) das Werk von Dezső Csánki (1893) und Tamás Pálosfalvi (2012), bezüglich des Bistums Joannes Bapt. Tkalčić (1894) und Stjepan Razum (1995). (Vom letztgenannten konnte ich leider nur die Excerpta benützen.)

Die Entdeckung der Kodizes von Agramer Ursprung und die Manuskripte aufdeckenden Bände von Paul Oskar Kristeller und seinen Mitarbeitern gaben die Anregung dazu dass das Literaturwissenschaftliche Institut der Ungarischen Akademie des Wissenschaften die kritische Ausgabe von Janus Pannonius sämmtlichen Werken in Gang setze. Der erste Band, die Epigramme, ist schon erschienen (2006), und bald folgt dem der zweite, der die Elegien enthalten wird.

 
z/staronovo-ritook-handschriften.txt · Last modified: 29. 10. 2012. 19:29 by njovanov
 
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